© M. Gülpen


Pädagogisches Konzept

Lernort

Der „Hortus botanicus assindiensis“ und die „GRUGA“ sind die Keimzellen des heutigen Grugaparks. Schon 1927 wurde der Botanische Garten auf einer Fläche von ca. 15 ha als Lehr- und Versuchsgarten von der Stadt Essen zu wissenschaftlichen Zwecken angelegt. Bis heute zählen das Alpinum, der westfälische Bauerngarten, der Rosengarten, der Staudenhang und die Nadelgehölzsammlung zu den botanischen Attraktionen des Grugaparks. Mit der Großen Ruhrländischen Gartenbauausstellung (GRUGA) eröffnete 1929 der Grugapark. Seit der Eröffnung gehört der ca. 60 ha große Grugapark, als „grüne Oase“ mitten in der Großstadt, für viele Generationen von Bürger*innen der Stadt, aber auch für Menschen aus nah und fern, zu einem beliebten und festen Bestandteil für Naherholung, Berufsausbildung und Umweltbildung.

Die Schule Natur ist seit 1995 als Umweltbildungseinrichtung im Grugapark tätig und profitiert in ihrer Bildungsarbeit vor allem von der Vielseitigkeit des Grugaparks.

Die Pflanzenschauhäuser beherbergen in den Häusern des Tiefland-Regenwaldes und des Bergnebelwaldes, im Mediterraneum sowie im Kakteen- und Sukkulentenhaus eine Vielzahl an tropischen und subtropischen Nutzpflanzen. Große Teichanlagen und Bäche ermöglichen die Untersuchung der aquatischen Lebenswelt. Wildwiesenflächen mit Pflanzen aus regionalen Herkünften sowie der Staudengarten mit dekorativen Blühflächen ermöglichen eine intensive Beschäftigung mit Aspekten zur Bestäubung und zur Bedeutung der Artenvielfalt bei Pflanzen und Insekten. Im Westfälischen Bauerngarten können Kräuter und heimische Gemüsesorten für Themen der gesunden Ernährung genutzt werden. Im Apothekergarten finden sich verschiedene Medizinalpflanzenarten. Tiergehege und Volieren sowie einer der größten Vogelfreifluganlagen mit exotischen und heimischen Tier- und Vogelarten, eine Bauernhofanlage mit historischen Nutztierrassen und natürlich viele freilebende Tierarten im Park bieten unterschiedliche Zugänge in die Tierwelt. Auch die Lernorte, die von Partnern im Grugapark betrieben werden, stehen der Schule Natur zur Verfügung: am „Haus der Bienen“ des Kreisimkerverbands Essen wird unter anderem ein Schaubienenkasten und ein wandgroßes Insektenhotel betrieben, im „Haus des Waldes“ der Essener Kreisjägerschaft kann eine umfangreiche Sammlung von Tierpräparaten aus der heimischen Tierwelt in die Kurse einbezogen werden. An den Stelen im Kaffeegarten Ruhr, einer Einrichtung von Exile e.V., finden sich vielfältige Informationen zu den 17 Nachhaltigkeitszielen (SDGs) und zum Fairen Handel von Rohstoffen wie Kakao, Zucker und Baumwolle. Diese vielfältigen, nah beieinander liegenden Lebensräume bieten ideale Voraussetzungen für einen abwechslungsreichen Lern- und Bildungsraum, in dem die Besucher*innen der Schule Natur und auch alle anderen Parkbesucher*innen die Natur mitten in der Stadt hautnah und mit allen Sinnen erleben können.

Außerdem nutzt die Schule Natur die nach dem Forest Stewardship Council® (FSC®) -zertifizierten städtischen Wälder für Themen der Waldpädagogik. Lokale Parks und Grünflächen im Stadtgebiet werden für Angebote zur „Natur vor der Haustür“ genutzt.

Pädagogische Arbeit

Bei der Auswahl unserer Kursthemen berücksichtigen wir die Besonderheiten des Grugaparks und der Essener Wälder. Auf diese Weise können die Teilnehmenden immer originäre Naturerfahrungen in den vielfältig angelegten Lebensräumen des Parks bzw. in den Waldflächen machen. Neben den Kernlehrplänen des Landes Nordrhein-Westfalens und der Agenda 2030 bildet die „Leitlinie für Bildung für nachhaltige Entwicklung des Landes NRW“ die Grundlage für die Gestaltung der pädagogischen Arbeit der Schule Natur. Darüber hinaus orientieren sich unsere Kursinhalte am aktuellen Wissensstand von Forschung und Technik.

Die Grundlage der Bildungsangebote der Schule Natur sind Themen aus Natur und Umwelt, bei denen die ökologische Dimension im Vordergrund steht. Artenkenntnis, Biodiversität und ökologische Zusammenhänge stehen dabei im Fokus.

Ein stärkeres Bewusstsein für Themen der Nachhaltigkeit in der Gesellschaft sowie die Bedeutung von vernetztem Denken haben dazu geführt, dass auch die Schule Natur vermehrt aktuelle Fragestellungen im Hinblick auf Zukunftsrelevanz aufgreift. In diesem Rahmen wurde das Bildungsprogramm durch Themen zur Energienutzung, zum Klimawandel, zur Artenvielfalt und zum Artenschutz, zur Ernährung, sowie zum nachhaltigen Konsum, etc. erweitert. Darüber hinaus hat die Schule Natur, in seiner Funktion als Regionalzentrum für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und zertifizierte Einrichtung für BNE, das bestehende Kursangebot unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) überarbeitet und ergänzt. In vielen Bildungsprogrammen können nun neben der ökologischen Dimension auch ökonomische, soziale, kulturelle und politische Aspekte eines Themas behandelt werden. Auch zukünftig werden wir unser Kursangebot stetig überarbeiten, aktualisieren und erweitern.

Die stetige Reflexion unserer Arbeit, die immer neue Blickwinkel und Perspektiven auf die angebotenen Themen zulässt, ermöglicht es uns, situationsabhängig auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebenswelten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer reagieren zu können. Die pädagogische Arbeit der Schule Natur unterliegt einem offenen Konzept, bei dem die Themenangebote jeweils über einen „roten Faden“ verfügen und es trotzdem möglich ist, flexibel auf die Gruppe einzugehen.

Natur- und Erlebnispädagogik, Umweltbildung und Globales lernen

Seit fast 30 Jahren bilden die Natur- und Erlebnispädagogik die Grundlage der Bildungsarbeit der Schule Natur. Mit der Naturpädagogik nach Cornell, als klassischem Zugang zur Umweltbildung, möchten wir über einen praktischen und handlungsorientierten Ansatz Neugier und Interesse für Flora und Fauna in der Lebensumgebung unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer wecken. Durch intensive, ganzheitliche Erfahrungen mit allen Sinnen verschaffen wir den Teilnehmenden einen Zugang zur Natur und damit eine Wahrnehmung ihrer selbst und der Natur. Mit Elementen der Erlebnispädagogik als gezielt gestalte Herausforderung für die Gruppe, unterstützen wir die Teilnehmenden in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit und im sozialen Handeln. Darüber hinaus möchten wir mit diesen erlebnispädagogischen Ansätzen gruppendynamische Prozesse auslösen, die die Gemeinschaft der Gruppe stärken.

In der Umweltbildung ist die Naturbeobachtung die Grundlage, um bei den Teilnehmenden Verständnis für Pflanzen, Tiere und ökologische Zusammenhänge zu entwickeln und zu fördern. Darüber hinaus setzt Umweltbildung auch auf die emotionale Wirkung direkter Begegnungen mit der Natur. In unseren Kursangeboten zu Natur- und Umweltthemen beschäftigen wir uns mit den Lebewesen in ihrer natürlichen Umgebung und möchten den Teilnehmenden ein authentisches Naturerlebnis vermitteln, damit sie eine wirklichkeitsgetreue Vorstellung über das Vorkommen und die Rolle der Lebewesen im Ökosystem entwickeln und sich selbst als Teil des Ökosystems begreifen. Außerdem befassen wir uns in den gewählten Lernumgebungen auch mit der Beziehung zwischen Mensch und Umwelt, indem wir uns mit den Auswirkungen des eigenen Verhaltens und den daraus entstehenden Konsequenzen für die Natur auseinander setzen. Das Erleben der Natur und das neu erworbene Wissen sollen die Teilnehmenden nicht nur zum respektvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und unserer Lebensgrundlage befähigen, sondern sie auch dazu motivieren, selber aktiv zu werden und eigene Naturschutz- und Gestaltungsmöglichkeiten von Nachhaltigkeitsprozessen auszuprobieren.

Folgende Kompetenzen werden in den Bildungsprogrammen der Umweltbildung (in Anlehnung an: Didaktisches Konzept der Umweltbildung, Affolter, Nagel und Sieber-Suter, 2002) gefördert:

  • Die sinnliche und emotionale Auseinandersetzung mit Natur und Umwelt und die Beschäftigung mit Umweltfragen, die die Teilnehmenden direkt betreffen, schaffen einen persönlichen Bezugsrahmen und vertiefen das Umweltbewusstsein.
  • Das Erlangen eigner praktischer Erfahrungen und eine vertiefte Auseinandersetzung mit Natur und Umwelt in offenen Lernsituationen, fördern bei den Teilnehmenden Fähigkeiten, die für eine lösungsorientierte Bearbeitung von Umweltfragen von Bedeutung sind.
  • Die Auseinandersetzung mit Umwelt und die Verarbeitung von einem oft unsicheren und kontroversen Umweltwissen ermöglichen den Teilnehmenden ein Verständnis von komplexen Zusammenhängen und Vernetzungen innerhalb von und zwischen den Systemen.
  • Die Auseinandersetzung mit Umweltfragen und die Beschäftigung mit Ursachen und Folgen menschlichen Handelns für Natur und Umwelt ermöglichen den Teilnehmenden einen Prozess der Reflexion bestehender Werte, Haltungen, Normen, Interessen und Zielkonflikte in der Gesellschaft. Außerdem ermöglichen sie die Beurteilung und Auswahl möglicher Handlungsoptionen auf eigene Gestaltungsmöglichkeiten von Nachhaltigkeitsprozessen.

Das Bildungsprogramm der Schule Natur weist zudem viele Anknüpfungspunkte zum Konzept des Globalen Lernens auf. Vor allem in den Kursangeboten zum Fairen Handel, wie „Kakao – ein fairer Genuss“, „Baumwolle – weißes Gold“ und „Zucker – süße Versuchung“ spielen gesellschaftsrelevante Fragen, wie z.B. der Zusammenhang zwischen Ressourcenverbrauch im „globalen Norden“ und den Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in den Ländern des „globalen Südens“ eine Rolle. Thematisiert wird in diesen Bildungsprogrammen aber auch die Zerstörung der Natur- und Umwelt im globalen Süden durch einen nicht nachhaltigen Konsum in den Ländern der sogenannten westlichen Welt.

Folgende Kompetenzen werden in den Bildungsprogrammen mit Bezug zum Globalen Lernen (in Anlehnung an: Modul 5, Nachhaltigkeit-lernen, Beule und Seybold, Unterrichtsmaterial zur Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Baden-Württemberg, 2007) gefördert:

  • Die Bildungsprogramme mit Bezug zum Globalen Lernen leben von der Widersprüchlichkeit und Ambivalenz zwischen der Komplexität globaler Wirtschaftssysteme mit schwer durchschaubaren Anbau – und Produktionsbedingungen, Handelswegen und Lieferketten auf der einen Seite und der Beschäftigung mit lokalen Handlungsmöglichkeiten und einer (notwendigen) Reduktion unseres gesamtgesellschaftlichen Konsums auf der anderen Seite. Globales Lernen fördert daher sowohl den Umgang mit Widersprüchen und Dilemmata, als auch Perspektivwechsel und inklusives Denken der Teilnehmenden im Hinblick auf Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in anderen Teilen der Welt.
  • In den Bildungsprogrammen zum Fairen Handel soll die Fähigkeit vermittelt werden, Sachlagen in einem weltweiten und ganzheitlichen Zusammenhang zu sehen. Sie stoßen Lernprozesse an, die die Empathie mit anderen Menschen, die Beurteilung von komplexen wirtschaftlichen Zusammenhängen und das Handeln im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung stärken, um die Bereitschaft der Teilnehmenden zu fördern, globaler Entwicklung mit lokalem Handeln in Einklang zu bringen.

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung

Mit einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sollen alle Menschen dieser Erde zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt werden. Sie soll allen Menschen ermöglichen, die miteinander vernetzten Probleme dieser Welt zu erkennen und die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen. Darüber hinaus soll eine BNE Menschen befähigen, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, mit denen sozial gerechte, wirtschaftlich erfolgreiche und ökologisch verträgliche Entwicklungsprozesse auf lokaler sowie globaler Ebene in Gang gesetzt werden, um weltweit und dauerhaft lebenswerte Verhältnisse für alle zu erreichen.

Als Regionalzentrum für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und BNE-zertifizierte Umweltbildungseinrichtung teilen wir diese Kerngedanken einer nachhaltigen Entwicklung und möchten sie allen Teilnehmenden unser Bildungsprogramme vermitteln. Auf diese Weise werden wir als pädagogische Einrichtung auch der Forderung 4.7 der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) gerecht: „Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung“

Bildung für nachhaltige Entwicklung ist nach unserem Verständnis kein neues, von anderen in der Schule Natur gebräuchlichen pädagogischen Leitideen und Konzepten losgelöstes Bildungskonzept. In unserem Bildungsverständnis verstehen wir das Konzept einer Bildung für nachhaltige Entwicklung als Ergänzung bzw. logische Fortführung der Konzepte der Umweltbildung und des Globalen Lernens. Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, decken sich viele Ziele und Merkmale und die damit vermittelten Kompetenzen aus der Umweltbildung und des Globalen Lernens, mit den sechs Merkmalen, die von der Leitlinie BNE vom Ministerium für Schule und Bildung in NRW zur Kennzeichnung von BNE-Lernprozessen ausgewiesen sind.

Die folgenden Merkmale werden in der Leitlinie BNE genannt:

  1. Beschäftigung mit zukunftsrelevanten Themen und Fragestellungen
  2. Berücksichtigung mehrerer Dimensionen
  3. Multiperspektivische Betrachtung
  4. Systemisches Denken und vernetztes Wissen
  5. Unsicherheiten, Widersprüche, Risiken und Dilemmata
  6. Eigenverantwortliche und partizipative Lernprozesse

Nachfolgend möchten wir an einem Beispiel erläutern, wie die unterschiedlichen, oben beschriebenen Bildungskonzepte in unseren Kursangeboten durch die gezielte Auswahl und Betrachtung thematischer Aspekte angewendet werden und wie diese sich ergänzen. Diese konzeptionelle Herangehensweise lässt sich auf viele Kursangebote im Bildungsprogramm der Schule Natur übertragen.

Die Pflanzenschauhäuser des Grugaparks mit ihrer umfassenden Sammlung an tropischen, subtropischen und mediterranen Nutzpflanzen bieten den Teilnehmenden unserer hier durchgeführten Kursangebote die Möglichkeit, sich auf eine Reise in andere Klimazonen zu begeben. Dabei erfahren sie hautnah die dort herrschenden Klimabedingungen und erleben eine große Pflanzenvielfalt. Die sinnliche und emotionale Auseinandersetzung mit dem „Lebensraum Tropen“, ist für unsere verschiedenen Angebote im Bereich „Tropen“ der grundlegende naturerlebnis- und umweltpädagogische Zugang.

In den Kursangeboten „Tropische Pflanzen und Früchte“ und „Ökologie der Tropen“ beschäftigen wir uns zum großen Teil mit den biologisch-ökologischen Themenaspekten wie z.B. Artenvielfalt, ökologische Anpassungen der Pflanzen an das Klima, Besonderheiten tropischer Böden und Nährstoffkreisläufe. Diese eindimensionale, ökologische Betrachtung des Themas hat ihren Bezug in der Umweltbildung. Die Betrachtung von komplexen ökologischen Systemen mit all ihren Wechselwirkungen innerhalb des Systems und nach außen, weist aber schon erste Bezüge zu BNE-Lernprozessen auf, die systemisches Denken und vernetztes Wissen der Teilnehmenden fordern. Werden die Kursangebote um Themenaspekte ergänzt, die sich mit den Ursachen und Folgen menschlichen Handelns auf Natur und Umwelt beschäftigen, können die Konzepte dann durch weitere Merkmale von BNE-Lernprozessen ergänzt werden. Werden beispielsweise Anbau und Handel tropischer Nutzpflanzen thematisiert, spielen neben der ökologischen auch die ökonomische Dimension eine Rolle. Betrachtet man zusätzlich die Arbeits- und Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung, wird auch noch die soziale Dimension herangezogen. Darüber hinaus kommt man durch die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Interessenlagen zu einer multiperspektivischen Betrachtung des Themas.

Im Kursangebot „Regenwald im Supermarkt“ werden hingegen überwiegend die Themenaspekte angesprochen, die BNE-Lernprozesse kennzeichnen. Die Teilnehmenden setzen sich mit Produkten ihres täglichen Lebens auseinander, die indirekt oder direkt mit den Tropen zu tun haben. Sie beschäftigen sich mit dem Anbau von Nutzpflanzen, deren Handelswegen und der Verarbeitung zu Produkten. Dabei werden verschiedene Dimensionen und Perspektiven des Themas berücksichtigt. Außerdem soll die Veranstaltung auch die Probleme aufzeigen, die eine Nutzung des Regenwaldes mit sich bringt und verdeutlichen, dass unser Konsumverhalten zur Zerstörung des Regenwaldes beiträgt. Auch hierbei werden vernetztes Wissen und systemisches Denken gefördert. Durch die Auseinandersetzung mit intransparenten Deklarierungen von Inhaltsstoffen bei Produkten und Rohstoffen werden Unsicherheiten, Widersprüche, Risiken und Dilemmata deutlich. Und letztendlich werden durch die Diskussion über die Entwicklung von Möglichkeiten des privaten, gesellschaftlichen und politischen Handelns eigenverantwortliche und partizipative Lernprozesse aufgezeigt.

Die inhaltlichen Themenschwerpunkte in den einzelnen Kursangeboten und somit eine Beschäftigung mit Aspekten, die sich durch verschiedene BNE-Merkmale kennzeichnen, können im Vorfeld der Veranstaltung mit den Lehrkräften durch eine individuelle fachlich fundierte Beratung abgestimmt werden.

Methoden

Der Grugapark und die Waldflächen der Stadt Essen bieten der Schule Natur vielgestaltige Lernumgebungen, in denen es möglich ist, situationsorientierte und authentische Erfahrungen in und mit der Natur zu machen. Im Bildungsprogramm der Schule Natur nutzen wir diese besonderen Möglichkeiten des außerschulischen Lernorts und können den Teilnehmenden ein Angebot bieten, welches Lernprozesse im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung in Gang setzen kann und sich in den formellen Bildungseinrichtungen so meist nicht umsetzen lässt. In unseren Kursangeboten verfolgen wir dabei einen ganzheitlichen Ansatz und streben ein Lernen und Erfahren mit allen Sinnen auf kognitiver, emotionaler und praktischer Ebene an. In unseren Kursen verknüpfen wir, je nach thematischen Schwerpunkten der Angebote, Elemente der Natur- und Erlebnispädagogik und der Umweltbildung mit Elementen einer Bildung für nachhaltigen Entwicklung. Die dabei verwendeten Methoden und Lernformen sind vielfältig und werden passend zu den verschiedenen Zielgruppen ausgewählt. Die Teilnehmenden können sich auf diese Weise angemessen mit ihrer Umwelt und der eigenen Rolle darin sowie ihren persönlichen Handlungsmöglichkeiten auseinandersetzen. Grundlegend wichtig ist es für uns, komplexe Sachverhalte in der Natur, in der Gesellschaft aber auch in einer globalen Welt so zu erklären, dass sie für alle Lernenden verständlich sind. In unseren Kursen wollen wir Neugierde auf unsere Welt wecken und zeigen, dass Wissen und Lernen Spaß bedeuten kann.

Mit Spielen in und mit der Natur, als klassische Elemente der Naturpädagogik, ermöglichen wir den Teilnehmenden auf spielerische Art und Weise das Lernen mit und von der Natur. Methoden mit denen intensive und ganzheitliche Erfahrungen mit allen Sinnen gemacht werden, verschaffen den Teilnehmenden einen Zugang zur Natur und damit eine Wahrnehmung ihrer selbst und der Natur. Im Kursangebot „Garten der Sinne“ werden beispielsweise Geräusche, Gerüche und Fundstücke aus der Natur genau wahrgenommen und durch „Riechen, Fühlen und Schmecken“ eigene Körpererfahrungen gemacht. In den „Naturerlebnisspielen“ schlüpfen die Teilnehmenden zum Beispiel in die Rolle eines Tieres und lernen so Zusammenhänge in einem komplexen Ökosystem (Nahrungsketten, Räuber-Beute-Beziehung etc.) kennen.

Kooperatives Zusammenleben und Zusammenwirken ist einer Gesellschaft in allen Bereichen von grundlegender Bedeutung. Wir unterstützen die Teilnehmenden durch kooperatives Lernen in Kleingruppen dabei, diese Fähigkeit zu stärken und ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. In Kursangeboten wie „Wissen und Bewegung“ und „Gemeinsam sind wir stark“ stehen Kooperation und soziales Handeln im Vordergrund. Hier kommen erlebnispädagogische Ansätze wie z.B. der „Tipibau“, der Blindlauf mit Partner*in oder die gemeinsame „Flussüberquerung“ zum Einsatz, die gruppendynamische Prozesse auslösen, um die Gemeinschaft der Gruppe zu stärken.

Gemeinsame Naturbeobachtungen, selbstbestimmtes Entdecken, Experimentieren und forschendes Lernen sind typische Methoden der Umweltbildung. In den Kursangeboten zu den Lebensräumen wie „Lebensraum Wald, Boden, Wiese, Teich“ bzw. „Ökologie der Wälder“ und „Ökologie der Tropen“ werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Forscherinnen und Forschern im entsprechenden Lebensraum. Das führt dazu, dass diese sehr handlungsorientiert und mit allen Sinnen aktiv sind und dazu motiviert werden, ihre Umwelt neugierig zu entdecken. Auf der Suche nach Bodentieren oder beim Keschern nach Kleinstlebewesen im Teich lernen die Teilnehmenden Tiere und Pflanzen verschiedener Lebensräume kennen und können in Kleingruppen mit Becherlupen und Stereomikroskopen Naturprozesse beobachten und untersuchen. Zur Untersuchung von physikalisch-chemischen oder strukturellen Eigenschaften des Bodens oder abiotischen Faktoren im Waldökosystem, können verschiedene Hilfsmittel, wie pH-Meter, Thermometer, Tensiometer, Pürckhauer, etc. genutzt werden. Beim Beobachten, Forschen und Experimentieren, aber auch dem Präsentieren der Ergebnisse, legen wir Wert auf Eigeninitiative und nutzen die Neugier der Teilnehmenden, ihre eigenen Ideen einzubringen. Die Natur soll erlebt und verstanden und eigenständiges Lernen in Gruppen und an Stationen gefördert werden. Mit Forscher- bzw. Arbeitsaufträgen und (einfachen) Bestimmungsübungen ermutigen wir die Teilnehmenden, sich mit ökologischen Zusammenhängen wie z.B. Nahrungsketten, Nährstoffumsetzungsprozesse und Waldfunktionen selbständig zu beschäftigen. So fördern wir nicht nur naturwissenschaftliches Faktenwissen und den motivierenden Effekt einer Selbstwirksamkeitserfahrung, sondern vor allem vernetztes Wissen und systemisches Denken und legen dabei die Grundlagen zu Lernprozessen, die eine nachhaltige Entwicklung fördern.

Durch gezielte Fragestellung der pädagogischen Mitarbeitenden sowie durch interessierte Fragen, Beobachtungen oder gewonnene Erkenntnisse der Teilnehmenden kann eine rein biologisch-ökologisch Betrachtung eines Kursthemas gewollt oder spontan durch Aspekte ergänzt werden, die ein Thema aus einem anderen Blickwinkel beleuchten und dieses in den Kontext einer Bildung für nachhaltigen Entwicklung gestellt werden. Dies können beispielsweise Umweltfragen sein, die auch den Alltag der Teilnehmenden betreffen: „Die Gefahren von Plastikmüll in aquatischen oder terrestrischen Ökosystemen (Ökosystem Teich, Ökologie der Wälder)“; „Die Bedeutung des Artenschwundes bei Insekten für die Nahrungsmittelproduktion (Blüte sucht Bestäuber)“; „Illegale Holzeinschläge in Wäldern Osteuropas für die Herstellung billiger Discounter-Möbel (Ökologie der Wälder)“; „Die Frage nach de Tierwohl in der konventionellen Landwirtschaft (Bauernhof)“. In der Auseinandersetzung mit solchen oder ähnlichen Umweltfragen können sich die Teilnehmenden mit den Ursachen und Folgen menschlichen Handelns für Natur und Umwelt beschäftigen, lernen diese kritisch zu hinterfragen, wodurch ihnen ermöglicht wird, bestehende Werte, Haltungen, Normen, Interessen und Zielkonflikte in der Gesellschaft sowie ihr eigenes Handeln zu reflektieren.

Im Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung sollen Probleme erkannt, analysiert, kritisch reflektiert und nach Lösungs- und Handlungsmöglichkeiten für das eigene, gesellschaftliche oder politische Mitwirken gesucht werden, mit denen Prozesse einer nachhaltigen Entwicklung angestoßen werden können. Beispielhaft möchten wir im Folgenden eine Auswahl an Methoden vorstellen, die wir in unseren BNE-Angeboten einsetzen und die zur Förderung ausgewählter Ziele in BNE-Lernprozessen (Kompetenzen) besonders geeignet sind.

In Mitmachgeschichten können sich auch schon Vorschulkinder in die Rolle anderer Akteure eines Szenarios hineinversetzen. So können erste Erfahrungen mit unterschiedlichen Perspektiven gemacht werden. Im Kursangebot „Auf den Spuren der Schokolade“ schlüpfen Vorschulkinder beispielsweise in die Rolle von Kindern in den Anbauländern des Kakaos und können auf diese Weise deren Lebensbedingungen nachempfinden.

Rollenspiele in Form einer Talkshow oder einer Podiumsdiskussion bieten die Herausforderung, aber auch die Chance, ein kontroverses Thema argumentativ aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, unterschiedlichen Interessenlagen zu beurteilen und sich mit deren Argumentationssträngen konfrontiert zu sehen. Dabei nehmen die Teilnehmenden eine Position ein, die nicht unbedingt ihrer persönlichen Meinung entspricht. Sie setzen sich mit individuellen Werten, mit gesellschaftlichen Leitbildern und Denkmustern auseinander, mit denen sie meist nicht vertraut sind. Diese Methode setzen wir in unseren Kursangeboten zu den erneuerbaren Energien und denen zum Fairen Handel ein.

Handwerkliches und künstlerisches Arbeiten mit Wolle und Holz sowie Bastelaktionen fördern nicht nur die motorischen, kreativen und planerischen Fähigkeiten, sondern bieten den Teilnehmenden auch Einblicke in (alte) Handwerks- und Kulturtechniken und fördern somit auch eine multiperspektivische Betrachtung.

Bei der Mystery-Methode sollen die Schülerinnen und Schüler knappe, ungeordnete Informationen zu lokalen und globalen Nachhaltigkeitsthemen analysieren, gewichten und sinnvoll miteinander in Beziehung setzen, um eine rätselhafte Leitfrage lösen zu können. In den Kursangeboten zu „Blüte sucht Bestäuber“ und „Ernährung der Zukunft“ soll diese Methode den Teilnehmenden dabei helfen, vernetzt zu denken und Perspektivenwechsel vorzunehmen. Die Teilnehmenden lernen, eigenständig Hypothesen aufzustellen und diese zu überprüfen, Ursachen- und Wirkungszusammenhänge zu erschließen und ihre Erkenntnisse zu präsentieren. Dabei begreifen sie ihre eigenen Handlungs- und Gestaltungskompetenzen und verstehen die Bedeutung nachhaltiger Entscheidungen in ihrem Alltag.

Mit Hilfe von Zuordnungsspielen, bei denen die Zutatenlisten von Produkten des alltäglichen Lebens analysiert und nach bestimmten Kategorien sortiert werden, die in einem Kontext zu einem lokalen oder globalen Nachhaltigkeitsthema stehen, wird bei den Teilnehmenden systemisches Denken und vernetztes Wissen gefördert. Im Kursangebot „Regenwald im Supermarkt“ erfolgt dies am Beispiel von Palmöl, welches mehr oder weniger transparent deklariert in sehr vielen Produkten des täglichen Gebrauchs immer verfügbar scheint. Die Teilnehmenden können auf diese Weise die Reichweite eigener (nicht-)nachhaltiger Konsumentscheidungen reflektieren und einschätzen sowie deren negative Auswirkungen auf die lokale Situation in den Regionen des Palmölanbaus und auf die globale Umwelt diskutieren, wobei Widersprüche, Unwägbarkeiten und persönliche Dilemmata auftreten, die erkannt und ausgehalten werden müssen. Darüber hinaus können bei dieser Diskussion auch die Grenzen der Einflussnahme erkannt, die eigene Rolle im Rahmen von individuellen und gesellschaftspolitischen Veränderungsprozessen reflektiert und Handlungsmöglichkeiten entwickelt und ausprobiert werden.

Mit dem motivierenden Zugang des „Bingo-Spiels“ lässt sich Nachhaltigkeit erlebbar machen, indem das Spiel sichtbar macht, was die Teilnehmenden in ihrem Alltag bereits umsetzen. Dabei werden die Teilnehmenden zu Nachhaltigkeitsreporterinnen und -reportern und interviewen sich gegenseitig zu einem Thema mit Nachhaltigkeitsrelevanz. Beispielsweise erhalten sie in den Kursangeboten zum Thema „Baumwolle-weißes Gold“ und „Klimafrühstück“ eine Vorlage mit 16 Feldern, in denen jeweils Fragen/Aussagen stehen, die verschiedene Handlungsoptionen für einen zukunftsfähigen Lebensstil aufzeigen. So erfahren die Teilnehmenden persönliche Zugänge zu Nachhaltigkeit und lernen sich gegenseitig kennen, indem sie mit anderen über deren sowie den eigenen Lebensstil ohne gegenseitige Be- oder Verurteilung ins Gespräch kommen.

Partizipation und Austausch

Während unserer Kurse legen wir großen Wert auf Austausch auf Augenhöhe mit den Teilnehmenden. Fragen, Beobachtungen und Erlebnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden in die Gruppe hereingetragen, gemeinschaftlich beantwortet und Diskussionen angeregt. Auch besondere Beobachtungen, die nicht unmittelbar zum Thema gehören, werden in der Veranstaltung berücksichtigt, können gegebenenfalls zu einer Änderung des thematischen Schwerpunktes beziehungsweise des Ablaufs einer Veranstaltung führen. So ermöglichen sie den Teilnehmenden eine Mitgestaltung unserer Bildungsveranstaltungen. Unsere pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen sich dabei als Moderatorinnen und Moderatoren und Lernbegleitende, die den Lernenden in unseren Kursen Raum für eigene Ideen bieten. Besondere Wertschätzung erhalten die Ideen, die einen aktiven Austausch fördern und zur Entwicklung eigener Lösungsansätze im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung ermutigen. So wird den Teilnehmenden aber auch Mitarbeitenden ermöglicht, sich über Erfahrungen auszutauschen, diese zu reflektieren und für die Zukunft nutzbar zu machen. Die Teilnehmenden setzen sich dabei auch mit individuellen Werten sowie mit gesellschaftlichen Normen und Konventionen auseinander und erfahren in diesem Rahmen die Möglichkeiten einer gesellschaftlichen Teilhabe bzw. Mitgestaltung von Nachhaltigkeitsprozessen sowie eine für eigenständiges Handeln unabdingbare Erfahrung ihrer Selbstwirksamkeit.

Reflexion und Evaluation

Die Reflexion von Ergebnissen aus Arbeitsaufträgen und Forscheraufgaben sowie von Kursinhalten am Ende der Veranstaltung ist ein wesentlicher Bestandteil eines optimalen Ablaufes. Dabei geht es nicht nur darum, einen gemeinsamen Abschluss zu finden, Ergebnisse zu präsentieren sowie das Erlebte und Gelernte noch einmal kurz zu wiederholen, um behandelte Wissensinhalte zu verfestigen. Durch die Bewältigung von Arbeits- bzw. Forscheraufträgen sowie Fertigstellung handwerklicher und kreativer Werkstücke und der anschließenden Wahrnehmung und Sichtbarmachung ihres Erfolgs in der Gruppe, erleben die Teilnehmenden eine Selbstwirksamkeit. Unterstützt durch das gemeinsame Erarbeiten von konkreten Handlungsoptionen für ein nachhaltigeres Leben, soll dies die Teilnehmenden dazu befähigen, Zukunft als gestaltbar zu erleben und nicht in einer Katastrophenstarre zu verharren. Darüber hinaus sollen die Kinder und Jugendliche durch das Erleben ihrer Selbstwirksamkeit zur Mitgestaltung der eigenen Lebensumgebung ermutigt werden.

Zur stetigen Verbesserung unserer (BNE-)Angebote ist am Ende jedes Bildungsangebots eine altersgemäße Evaluierung des Erlebten unerlässlich. Dabei werden mit den Teilnehmenden durch zielgruppenorientierte Methoden, beispielsweise durch das motivierende „Waldmikrofon“ als Redestab, Eindrücke, Lob und Kritik gesammelt. Die begleitenden Lehrkräfte und Erziehenden können ihre Rückmeldung zur Organisation des Bildungsangebots, zum inhaltlichen Programm sowie dem Gesamteindruck oder Wünschen und im Rahmen eines persönlichen Gesprächs und mithilfe eines digitalen Feedbackbogens geben. Aus diesen Gesamteindrücken gewinnen die pädagogischen Mitarbeitenden wichtige Anhaltspunkte für die Qualitätssicherung im Bildungsprogramm. Der regelmäßige Austausch und die Reflexion der durchgeführten Kurse bei teaminternen Nachbesprechungen führen zu einer Anpassung, Weiterentwicklung und bei Bedarf auch zu einer kompletten Überarbeitung von Kurskonzepten.

Essen, im März 2024

Team Schule Natur

Die Schule Natur ist Regionalzentrum im Landesnetzwerk Bildung für Nachhaltige Entwicklung Zukunft Lernen NRW.

Die Schule Natur ist BNE-zertifizierte Einrichtung.

Die Schule Natur wird gefördert vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW.

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